"konkrete" Gefährdung von Leib und Leben bei gefährlichem Eingriff in den Straßenverkehr

| Verkehrsrecht

[Rn. 8] aa) § 315c Abs. 1 StGB setzt in allen Tatvarianten eine konkrete Gefährdung von Leib oder Leben eines anderen oder fremder Sachen von bedeuten- dem Wert voraus. Dies ist nach gefestigter Rechtsprechung der Fall, wenn die Tathandlung über die ihr innewohnende latente Gefährlichkeit hinaus in eine kritische Situation geführt hat, in der – was nach allgemeiner Lebenserfahrung auf Grund einer objektiv nachträglichen Prognose zu beurteilen ist – die Sicherheit einer bestimmten Person oder Sache so stark beeinträchtigt wurde, dass es nur noch vom Zufall abhing, ob das Rechtsgut verletzt wurde oder nicht. Erforderlich ist die Feststellung eines „Beinahe-Unfalls“, also eines Geschehens, bei dem ein unbeteiligter Beobachter zu der Einschätzung gelangt, es sei „noch einmal gut gegangen“ (st. Rspr.; vgl. BGH, Beschluss vom 2. Februar 2023 – 4 StR 293/22 Rn. 5; Beschluss vom 22. November 2022 – 4 StR 112/22 Rn. 7; Beschluss vom 6. Juli 2021 ‒ 4 StR 155/21, StV 2022, 26 Rn. 5, jew. mwN).

Für die Annahme einer konkreten Gefahr genügt es daher nicht, dass sich Menschen oder Sachen in enger räumlicher Nähe zum Täterfahrzeug befunden haben. Umgekehrt wird die Annahme einer Gefahr aber auch nicht dadurch ausgeschlossen, dass ein Schaden ausgeblieben ist, weil sich der Gefährdete – etwa aufgrund überdurchschnittlich guter Reaktion – noch zu retten vermochte (BGH, Beschluss vom 6. Juli 2021 – 4 StR 155/21, StV 2022, 26 Rn. 5; Beschluss vom 17. Februar 2021 ‒ 4 StR 528/20, NStZ-RR 2021, 187, 188)

BGH, Beschluss vom 26.10.2022 - 4 StR 248/22 - LG Berlin

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